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Channel: Geschäftsführung ohne Auftrag - Rechtslupe
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Bestattung als Geschäftsführung ohne Auftrag

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Ein Anspruch auf Ersatz der Bestattungskosten nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß §§ 670, 677, 683 BGB gegen den to-tenfürsorgeberechtigten und -verpflichteten Angehörigen kann demjenigen zustehen, der die Beerdigung eines Verstorbenen veranlasst, auch wenn der Totenfürsorgeberechtigte nicht Erbe ist. § 1968 entfaltet gegenüber einem solchen Anspruch keine Sperrwirkung.

§ 1968 BGB stellt keine abschließende Regelung für die Erstattung der Beerdigungskosten dar, wie § 1615 Abs. 2, § 844 Abs. 1 BGB, § 74 SGB XII oder § 75 Abs. 2 SeemG zeigen. Daher kann sich ein Anspruch auf Erstattung verauslagter Beerdigungskosten aus Geschäftsführung ohne Auftrag ergeben. Das kommt etwa in Betracht, wenn ein nicht Totenfürsorgeberechtigter die Bestattung vorgenommen hat und Ersatz der Kosten vom Erben verlangt.

Noch nicht abschließend geklärt ist, ob ein Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag gegen einen Totenfürsorgeberechtigten geltend gemacht werden kann, der selbst nicht Erbe ist und auch nicht für die Bestattung gesorgt hat. Teilweise wird ein derartiger Anspruch für möglich erachtet.

Soweit dies mit der Begründung abgelehnt wird, dass die Totenfürsorge lediglich ein Recht der nächsten Angehörigen des Verstorbenen begründe, diese aber nicht verpflichte, für die Bestattung des Erblassers zu sorgen, liegt dem ein fehlerhaftes Verständnis der Totenfürsorge zugrunde. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass die nächsten Angehörigen, wenn und soweit ein erkennbarer Wille des Verstorbenen hinsichtlich seiner Bestattung nicht vorliegt, das Recht und die Pflicht trifft, über den Leichnam zu bestimmen und über die Art der Bestattung sowie die letzte Ruhestätte zu entscheiden.

Weder aus dem Wortlaut noch aus dem Sinn und Zweck des § 1968 BGB kann hergeleitet werden, dass dieser Ansprüche gegen weitere Verpflichtete als den Erben aus einem anderen Rechtsgrund von vornherein ausschließt. Insbesondere wird durch die Zubilligung eines Anspruchs auf Ersatz der Beerdigungskosten gegen den Totenfürsorgeberechtigten über die Regeln der Geschäftsführung ohne Auftrag nicht die Wertung des § 1968 BGB umgangen. Sind die Kosten zunächst beim Totenfürsorgeberechtigten angefallen, sei es, dass er selbst für die Beerdigung gesorgt hat, sei es, dass ein Dritter diese durchgeführt hat und die Kosten von ihm erstattet verlangt, so steht ihm gemäß § 1968 BGB ein Regressanspruch gegen den Erben zu. Kann ein derartiger Anspruch nicht durchgesetzt werden, weil die Erben nicht feststehen, der Nachlass überschuldet ist oder der Fiskus als Erbe die Haftungsbeschränkung auf den Nachlass geltend macht, fällt dies in den Risikobereich des Anspruchstellers und folgt aus seiner Pflicht zur Totenfürsorge.

Der hiergegen herangezogene Vergleich mit der öffentlichrechtlichen Bestattungspflicht überzeugt nicht. Diese ist unabhängig von zivilrechtlichen Verpflichtungen, der Erbenstellung oder dem Totenfürsorgerecht. Sie besteht vorrangig aus Gründen der Gefahrenabwehr. Kommen die nahen Angehörigen der Beerdigungspflicht nicht nach, sind die Ordnungsbehörden veranlasst, die Bestattung im Wege der Ersatzvornahme durchführen zu lassen, um Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, insbesondere Gesundheitsgefahren, auszuschließen. Entsprechend knüpfen die Bestattungsgesetze der Länder an die Angehörigeneigenschaft an und bestimmen, dass die zuständige Gemeinde die Bestattung zu veranlassen hat, wenn hierfür niemand sorgt. Ihr steht dann ein Erstattungsanspruch gegen die Angehörigen zu (vgl. etwa § 8 Abs. 3 und Abs. 4 Satz 1 und 2 Niedersächsisches BestattG). Hiervon unabhängig ist die privatrechtliche Verpflichtung der nächsten Angehörigen, für die Beerdigung zu sorgen.

Allerdings steht die Reihenfolge der totenfürsorgeberechtigten und verpflichteten Angehörigen nicht unabänderlich fest. Es geht nicht um die strikte Anwendung einer bestimmten Abfolge, wie sie öffentlichrechtlich in den Bestattungsgesetzen der Länder oder in § 2 Abs. 2 und 3 des Gesetzes über die Feuerbestattung niedergelegt ist. Hiernach haben für die Bestattung zunächst der Ehegatte, dann die Kinder und Enkelkinder, danach die Eltern und Großeltern sowie schließlich die Geschwister Sorge zu tragen.

Vielmehr ist für das privatrechtliche Totenfürsorgerecht zunächst der Wille des Erblassers maßgebend. Dieser kann nicht nur die Art und Weise seiner Beerdigung, sondern auch diejenige Person, die er mit der Wahrnehmung dieser Belange betraut, bestimmen, selbst wenn sie nicht unmittelbar zum Kreis der sonst berufenen Angehörigen zählt. Bei der Ermittlung des für die Wahrnehmung der Totenfürsorge maßgebenden Willens des Verstorbenen kommt es nicht nur auf dessen ausdrückliche Willensbekundungen, etwa in einer letztwilligen Verfügung, an. Es genügt, wenn der Wille aus den Umständen mit Sicherheit geschlossen werden kann.

Auf dieser Grundlage billigte der Bundesgerichtshof im hier entschiedenen Fall die Wertung des Berufungsgerichts, dass die Ausübung des Totenfürsorgerechts durch die Beklagte nicht dem mutmaßlichen Willen des Erblassers entsprochen habe. Der Erblasser hatte mit der Beklagten keinen Kontakt; diese wurde erst nach der rechtskräftigen Scheidung ihrer Eltern geboren. Demgegenüber bestand eine Verbindung mit dem Kläger. Wie sich aus dessen eigenen Schreiben an die Geschwister der Beklagten ergibt, wusste er, dass sich der Erblasser in einem Seniorenheim befand, die Kosten der Heimunterbringung vom Sozialamt bezahlt wurden und mit dessen täglichem Ableben gerechnet werden musste. Angesichts dieser Umstände ist die Annahme des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden, dass der Kläger als “nächster” Angehöriger des Erblassers und damit Totenfürsorgeberechtigter und verpflichteter anzusehen ist. Soweit die Revision demgegenüber die Auffassung vertritt, der (mutmaßliche) Wille des Erblassers beeinflusse nicht die gewohnheitsrechtliche Zuständigkeit des nächsten Angehörigen für die Bestattung, ist das nach den oben dargelegten Grundsätzen unzutreffend.

Bundesgerichtshof, Beschluss vom 14. Dezember 2011 – IV ZR 132/11


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